#Abmahngate – was sich bei Kennzeichnungen auf Instagram ändern muss
„Werbung wegen Markennennung“, „Werbung wegen Personenmarkierung“ – jeder, der ab und an mal auf Instagram unterwegs ist und nicht nur Freunden beim Backpacking durch Neuseeland verfolgt, hat diese Bezeichnungen wohl schon mal gelesen.
Aufgrund zahlreicher Abmahnungen, vor allem durch den Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), kennzeichnen viele Influencer mittlerweile quasi alles als Werbung. Gesponserte Artikel und bezahlte Posts klar von redaktionellem Inhalt zu trennen ist richtig und wichtig – aber wo bleibt die Transparenz, wenn plötzlich alles #Werbung ist?
Der Fall Vreni Frost
Ein kleiner Rückblick: Die Panik unter deutschen Influencern vor Abmahnungen begann mit dem Fall vrenifrost. Etwa 50.000 Follower hält die Bloggerin auf Instagram auf dem Laufen – darüber, was sie trägt, was sie isst oder ganz allgemein mag. Im Frühjahr dieses Jahres wurde sie vom VSW z. B. dafür abgemahnt, dass sie auf einem Kleid die Marke Asos vertaggt hatte. Frost argumentiert alle abgemahnten Artikel seien selber gekauft und sie erspare sich und ihren Followern damit nur Nachfragen, wo sie das Paar Schuhe oder diese Vase gekauft habe. Selbst gekaufter Artikel = keine Werbung?! Das Berliner Landgericht sieht das anders: Obwohl die gezeigten Produkte nachweislich selbst gekauft wurden, handele die Beklagte nach Meinung des Gerichts aufgrund ihrer Account-Größe stets geschäftsmäßig. Denn über die Vertaggung von Marken/Unternehmen könne man diese auf sich aufmerksam machen und als mögliche Kooperationspartner gewinnen. Doch bei welcher Account-Größe wird hier die Grenze gezogen?
Richtig verwirrend wird es, wenn man sich den Leitfaden der Landesmedienanstalten zur Hand nimmt, der Kennzeichnungshilfen zu verschiedenen Social-Media-Plattformen bietet. Im Falle eines selbst erworbenen Produktes heißt es explizit „Eine Kennzeichnung ist hier nicht notwendig“. Eine Einschränkung nach genauen Follower-Anzahlen erfolgt dabei nicht. Und warum gelten für Frauenmagazine & Co., die in Rubriken wie „Unsere neuesten Beauty-Wunderhelfer“ die 561. Gesichtscreme in redaktionellem Rahmen anpreisen, andere Regeln?
Kuriose neue Kennzeichnungsformen
Geradezu kurios ist der Fall von vaneziablum alias Vannessa Blumenthal. Wegen einer Verlinkung auf das Profil ihres Freundes bekam diese ebenfalls Post vom VSW. Vor Gericht musste das Paar dann nachweisen, dass sie tatsächlich eine Beziehung führen. Die Konsequenz solcher Fälle? Viele Influencer auf Instagram verfallen in einen regelrechten Kennzeichnungs-Aktionismus. Diese Influencerin kennzeichnet ihren Post beispielsweise wegen des Direktlinks auf ihren Fotografen als Werbung:
Hier sehen wir, wie eine Vertaggung auf eine Marke gekennzeichnet wird. Es bleibt die Frage: Bekam die Influencerin das Produkt kostenlos, ist für den Beitrag Geld geflossen oder hat sie sich die Jacke am Ende doch selbst gekauft?
Wichtig: Ein einheitliches Wording? Gibt es nicht. Einige Influencer gehen auch dazu über, Postings, die Markennamen o. Ä. enthalten, als (Nicht)Werbung zu kennzeichnen:
Was bleibt? Verwirrte Nutzer auf der einen Seite, die von (vermeintlichen) Werbepostings erschlagen werden und häufig den Spaß an der Nutzung des Bildportals verlieren. Verunsicherte Influencer auf der anderen Seite, die sich nicht strafbar machen wollen, aber auch nicht als wandelnde Litfaß-Säule von ihren Followern wahrgenommen werden möchten.
Was sich ändern muss: Klare Kennzeichnung auf Instagram
Was fehlt? In erster Linie: Rechtssicherheit. Bei einem entsprechenden gesetzlichen Passus sollte ein Argument vieler Influencer Berücksichtigung finden: Wenn jeder Beitrag mit Markenbezug als Werbung gekennzeichnet werden muss, ist für Nutzer nicht mehr erkennbar, für welche Postings nun tatsächlich irgendeine Vergütung stattgefunden hat.
Im zweiten Schritt ist es dann noch wichtig festzulegen, welches Wording für Kooperationsformen wie bezahlter Postings, Pressereisen, gesponserte Artikel etc. angewendet werden muss.
Vreni Frost ist übrigens in Berufung gegangen und gibt sich kämpferisch: Notfalls will sie bis vor den Bundesgerichtshof ziehen.